Auszüge aus dem Tagebuch des Alexander „Alex“ Savea

  • Auszüge aus dem Tagebuch des Alexander „Alex“ Savea, M.Sc., School of Biological Sciences, University of Auckland, momentan Mitarbeiter und Mädchen für alles bei A.R.G.O.S.


    Tag 426 – Endlich ist es geschafft! Ein echtes Labor! Das Gebäude ist fertig gestellt, sobald die Einrichtung abgeschlossen ist, sind wir so nah an idealen Forschungsbedingungen dran, wie es in dieser geistigen Einöde möglich scheint.
    Frage mich, wie oft ich Gelegenheit haben werde, hier zu arbeiten – Dr. Elba nutzt meine Erfahrungen in der Feldarbeit geschickt als Vorwand, um mich so oft wie möglich von Laborarbeit fernzuhalten. Zur Feier des Tages steht Putzen auf dem Programm, das neu zusammengestellte Beta-Rudel ist sehr gut darin, Ziele auf Kommando in blutigen Matsch zu verwandeln.


    Tag 429 oder 430, weiß der Kuckuck. Zuviel Sumpfwasser geschluckt. Oder Sumpfgas eingeatmet. ODER zu oft von Sumpfbewohnern gebissen wurden. Fühlt sich schlimmer an als das Erwachen nach einer Party der Fakultät (dachte nicht, dass so etwas möglich ist). Die hier lebenden Schnecken haben einen interessanten Metabolismus, den zu erforschen sehr lohnenswert erscheint.
    Alles in diesem Sumpf scheint sich gegen Sauberkeit, Unversehrtheit, Verstand oder auch nur Logik verschworen zu haben. Ein verdammtes Krokodil hat mich angesprungen wie ein Chinchilla auf Crack. Kein Krokodil hat das verdammte Recht, 15 Meter durch die Luft zu segeln, verdammt! Mistkerl hat versucht, mich in tieferes Wasser zu ziehen. Franklin hat ihn von mir runter gepflückt und unter einem 200 Pfund schweren Felsen begraben (wo sie die immer findet, frage ich mich). Ich liebe dieses Tier, wirklich, aber wenn sie fortfährt, mich im Scrabble zu schlagen, werde ich ihr Futter umstellen.
    A propos Futter - die Schnecken scheinen auf Franklins Reisefutter abzufahren.
    Mir langt ja schon der Geruch, aber sei's drum.


    Tag 432 – endlich ist die Doppelsichtigkeit verschwunden. Treffen mit Celina heut abend. Dr. Elba ist schwer am Werkeln, musste sie fünfmal ermahnen, ihre verdammte Ration zu essen. Besser so. Wenn sie herausfindet, dass ich mit der „Hippie-Schrulle“ verkehre (ahahaha), wird sie mich auf kreative Art und Weise in das Konditionstraining vom Beta-Rudel einbinden.


    Tag 440 – MEIN EIGENER FORSCHUNGSBEREICH! Okay, da die Häufigkeit von Wissenschaftlern hier proportional zur Wahrscheinlichkeit ist, gewaschene Menschen zu treffen, gab es eigentlich keine andere Wahl als mich - wobei ich schwören könnte, dass Dr. Elba mindestens darüber nachgedacht hat, den Affen mit der Aufgabe zu betrauen. Ich frage mich, ob dass ihre Art ist, mit mir zu scherzen oder ob Misantrophie einfach ihr Weg ist, mit dem Leben hier umzugehen. Wobei liebevoll gepflegter Hass wohl auch eine Form der Anerkennung ist. Sie hasst ja ohnehin jeden, aber mich GANZ besonders. Yay!


    Tag 442 – neue Wasserleitung angeschlossen, Heizungen installiert und Pflanzkübel vorbereitet. Jetzt heißt es warten.


    Tag 445 – Dieser Dünger ist unwahrscheinlich effektiv, man kann den Pflanzen förmlich beim Wachsen zuschauen. Vielleicht treibt sie auch der Gestank oder die Furcht nach oben. Die Schnecken scheinen sich wohl zu fühlen


    Tag 446 Schafe! Es gibt Schafe auf dieser verrückten Terra Icognita! Fast ein bisschen wie zu Hause. Nach etwas Beobachtungszeit war auch klar, warum sie uns nicht vorher aufgefallen sind – diese Tiere sind buchstäblich zu doof, ihre Geschäft da zu verrichten, wo sie nicht Gefahr laufen, stehenden Hufes gefressen zu werden. Haben einige ins Labor getrieben. Schafs-DNA ist eines der am besten dokumentierten Moleküle überhaupt (von denen, die interessant genug sind, sie zu untersuchen.). Wenn man Dr. Elbas Forschungsgebiet bedenkt, eröffnen sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten...

  • Tag 448 – Habe das Gewächshaus zur Bio-Hazard-Zone erklärt. Niemand sollte das Gefühl haben müssen, von seinen Zitronenbäumen hungrig angestarrt zu werden.


    Tag 449 – Wieder im Sumpf gewesen. Diesmal sogar in Begleitung von Dr. Elba.
    Sie ist der Überzeugung, dass die hier lebenden Schlangen ein Gift produzieren, dass in seiner Wirkung der von Colchizin sehr ähnlich ist. (Und wer wird sie melken dürfen? Hmpf.) Wir wollten eigentlich nur ein Paar mitnehmen, aber eine Dr. Elba im Jagdrausch ist nur durch mangelnde Betäubungsmunition oder eine kräftig geschwungenen Keule zu bremsen. Mangels letzterem haben wir fünf dieser Biester heimgebracht.


    Tag 450 – Xander hat sich von seinem Therizino getrennt. Leif ist ein freundliches, umgängliches Tier, aber es ist in Xanders Situation sehr schwer, ein Auge auf ihn zu haben. Ich bin sicher, er wird unsere logistischen Kapazitäten um einiges erweitern.


    Tag 453 – Die Schlangen vor dem Transport ins Gewächshaus zu füttern, war eine so dämliche Idee, dass sie nur dadurch zu entschuldigen ist, dass ich immer noch an sumpfinduzierten Schluckauf leide. Offenbar gibt es so etwas wie eine Fahrstuhlkrankheit bei Reptilien – sie sind jetzt oben, aber ich muss den ganzen Schacht putzen.


    Tag 455 – Mit der jetzigen Laborausrüstung und dem vorhandenen genetischen Material sind wir theoretisch in der Lage, Klonierungen vorzunehmen. Die wenigen Leute, die uns kennen, halten uns ohnehin schon für Zauberer. Wenn sich das herumspricht, kann ich fast schon den Scheiterhaufen knistern hören.


    Tag 456 - Celina-Tag! Ich bin dann mal weg.


    Tag 457 - Leif's Tage sind gezählt. Dr. Elba nahm in kurz in Augenschein, befand ihn für „wenig bemerkenswert“ und seine Konstitution als „mangelhaft“. Er steht jetzt in der Troodon-Schleuse. Heute Nacht suchen wir wieder nach wilden Ergänzungen für das Zuchtprogramm.


    Tag 458 - HA! Nachtrag zu gestern – es gibt so etwas wie Karma, ganz sicher. Trotz sorgfältiger Vorbereitungen (Verabreichung von Schlafmitteln, Futter- und Wasserentzug) hat Leif die sich letzte ihm bietende Gelegenheit genutzt, Dr. Elba in die Suppe zu spucken. Hat dem wilden Troodon mehr Gegenwehr geleistet, als der einstecken konnte. Am Ende mussten wir beide von ihren Verletzungen erlösen. Trauerfeier heute Nacht in der Abteilung für Versuchstiere. Ich trinke und rede, sie lauschen.


    Tag 466 - Schaf geklont. Wow. Unter diesen Bedingungen können wir uns glücklich schätzen, dass es kein achtschwänziges Rhinozeros mit einer Vorliebe für Blaubeerkuchen geworden ist. Habe Prof. Dr. Iris Elba noch nie so euphorisch gesehen. Sie hat beinahe gelächelt. Hätte ich einen Kalender, würde ich den Tag markieren.

  • Tag 467 – Ich hab sie gewarnt, gewarnt hab ich sie! Hatte ein bisschen an der Saat fürs Gewächshaus herumgespielt und wollte schauen, wie sich die manipulierten Früchte auf den Metabolismus der Schnecken auswirken, aber dieses irre Weib hat darauf bestanden, dass geklonte Lamm ausschließlich mit diesem Zeug zu füttern. Ein Effekt ist bereits sehr offensichtlich – zu sagen, dass die Wolle unnatürlich aussieht, würde den Nachbarschaftspreis für die Untertreibung des Jahres gewinnen, wenn es hier so etwas wie eine Zivilisation gäbe.


    Tag 480 – Wir sind nicht so unbeliebt, wie ich dachte. Vergangene Woche kam eine Gruppe Jäger vorbei, um die „Hexe“ (ich lache immer noch) darum zu bitten, ihr bei einem Jagdunfall verunglücktes Tapejara von den Toten zurückzuholen. Jeder Hinweis darauf, dass wir hier ernsthafte Wissenschaft betreiben, wird mit der gleichen Sturheit ignoriert, mit der ein brünftiges Chalicotherium-Weibchen so ziemlich alles, was nach Mann riecht, zum Koitus zu überzeugen versucht.
    Er hatte ein Stück Haut dabei, genug, um ein verdammt ähnliches Tier zu produzieren. Wir haben die fragmentierte DNA ziemlich mühselig geflickt, aber das Ergebnis schien unsere Besucher zufrieden zu stellen. Solang es sie nicht stört, dass das Tier gelegentlich blökt oder dümmlich widerkäuend ins Leere starrt, können alle zufrieden sein.
    Ich würde Dr. Elba für den Nobelpreis vorschlagen, wenn sie nicht das Temperament einer Klapperschlange und die moralische Integrität einer angebissenen Banane hätte.


    Tag 488 – Neuigkeiten verbreiten sich schnell, sogar hier. Schon wieder eine Gruppe, die ein Tier „wiedergeboren“ haben wollte. Die Leute sind anstandslos bereit, auf so ziemlich jede Forderung einzugehen, die Dr. Elba ihnen im Gegenzug stellt. Ich werde den Blick, den sie dabei aufsetzt, vor dem Spiegel üben.
    Wäre schön, wenn die Leute wenigstens angemessen gekleidet hier eintreffen würden. Ich kann Dr. Elbas Vergnügen fast schmecken, wenn sie dabei zuschaut, wie sich ihre Lippen langsam blau färben.

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