Survival of the Fittest (The Island)

  • Prolog




    Atemlos haste ich durch das Dickicht. Farnblätter klatschen mir auf meinem Weg ins Gesicht, ich spüre, wie sie manches Mal mit ihren scharfen Kanten meine Wangen aufschürfen. Doch ich bleibe nicht stehen. Ich kann nicht. Ich darf nicht. Das Brüllen hallt mir immer noch in den Ohren, und ich höre es wieder, nur wenige Meter hinter mir. Immer panischer versuche ich, noch schneller zu laufen, nur um der Bestie hinter mir zu entkommen. Und doch weiß ich, dass ich chancenlos bin, sollte ich nicht plötzlich Superkräfte bekommen und fliegen lernen.


    Als ich mich durch einen sehr widerspenstigen Farnbusch gekämpft habe, sehe ich vor mir plötzlich freies Feld. Keine Bäume, keine Sträucher, nur freies Feld mit einem großen Felsen. Ich sehe meine letzte Chance, und versuche, mit allerletzter Kraft über den Felsen zu klettern, um mich dahinter zu verstecken.


    Sobald ich dahinter sitze, spüre ich auch schon, wie die Erde bebt. Die Bestie kommt auf die freie Fläche. Und sieht wahrscheinlich den Felsen. Und ich weiß, dass sie mich riechen kann. Dennoch bleibe ich so still wie möglich sitzen, versuche mein pochendes Herz zu beruhigen und wieder einigermaßen Kraft zu tanken. Denn mein Instinkt sagt mir, dass ich gleich weiterlaufen muss.


    Etwas Nasses tropft auf meine Schulter. Vorsichtig blicke ich hoch, und sehe sie. Die Bestie. Riesiger Kopf, gelbe Augen, messerscharfe Zähne. Es blickt mich an, schnuppert, und sein Speichel tropft auf meine Schulter. Regungslos verharre ich, hoffe, dass er mich nicht sieht, wenn ich mich nicht bewege.


    Doch ich habe mich geirrt. Er kommt näher, dann stößt er erneut ein ohrenbetäubendes Brüllen aus, und öffnet seine gewaltigen Kiefer, um mich zu packen.


    Strauchelnd komme ich auf die Beine, gerade noch rechtzeitig. Die Bestie lässt seinen Kiefer zuschnappen, und bekommt nur noch meinen Stoffschuh zwischen die Zähne. Mühelos schüttle ich ihn ab und laufe weiter. Mir ist klar, dass das Tier sofort den Schuh loslässt, und um den Felsen herumläuft, wieder mir hinterher.


    Ich laufe immer weiter, versuche, so viele Meter wie möglich zwischen mich und meinen offensichtlichen Tod zu bringen, bevor er um den Felsen herum ist. Ich laufe auf einen weiteren Felsen zu, umrunde ihn und blicke nach hinten, um mich zu vergewissern, dass ich noch genügend Vorsprung habe.


    Ein gewaltiger Fehler. Als ich mich wieder umdrehe, sehe ich den Stock zu spät, der mir im Weg liegt. Ich stolpere, taumle und falle. Einen kleinen Abhang hinunter. Als mein Handgelenk aufschlägt, spüre und höre ich das Knacken im Arm und weiß, der ist gebrochen. Schmerzvoll schreie ich auf, kann mich jedoch nicht wieder aufrichten, sondern rolle den Abhang runter. Ich weiß nicht mehr, ob das Monster noch hinter mir ist, doch ich glaube nicht, dass ein kleiner Abhang ihn aufhält. Wahrscheinlich hat es gesehen, dass ich gefallen bin, und hat meinen Schmerzensschrei gehört. Ich bin mir sicher, es legt jetzt noch einen Zahn zu.


    Als ich endlich aufhöre, mich zu drehen, weil ich unten angekommen bin, rappel ich mich wieder auf, halte meinen gebrochenen Arm und laufe weiter. Ich höre das Tier nicht mehr, doch das muss ja nicht unbedingt etwas heißen.


    Plötzlich muss ich stehen bleiben. Vor mir ist eine Klippe, eine ziemlich hohe sogar. Darunter – ein Fluss. Es sieht aus, als ob er ruhig dahinplätschert, und als ob nichts Gefährliches darin lebt, doch sicher bin ich mir nicht. Die wunderschöne Idylle hier kann trügerisch sein.


    Ich spüre wieder, wie die Erde bebt, und blicke nach hinten. Das Tier ist da, es sieht mich, und kommt direkt auf mich zu. Fast wirkt es so, als würde es seine zwei winzigen Ärmchen nach mir ausstrecken, und seine muskulösen Beine tragen es mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu.


    Ich schlucke und muss mich entscheiden, und zwar schnell. Lasse ich mich von dem Vieh töten, weil ich Angst vor dem potenziell Gefährlichem im Wasser habe? Oder springe ich, entgehe der Kreatur, und werde womöglich von etwas möglicherweise viel Tödlicherem im Wasser zerfleischt?


    Ich schiele hinunter und überlasse die Entscheidung meinem Instinkt. Ich nehme Schwung, stoße mich von der Klippe ab und springe ins Wasser hinunter. Mein letzter Gedanke, bevor sich das kühle Nass um meinen Körper schließt, gilt nur einem:“ OH GOTT OH GOTT OH GOTT!“

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